Thunder waren für mich früher so etwas wie die Ersatzdroge zu den im Haarspraynebel verschwundenen Whitesnake. Als David Coverdale sein bluesiges Timbre verleugnet hat, um in immer höheren Spähren trällern zu wollen, kamen mir Thunder mit Danny Bowes gerade recht.
Bei Thunder roch niemals etwas nach Spandex aus L.A., hatte man Single Malt statt Jack Daniels im Sinn. Nach sechs Jahren gibt es nun endlich ein Lebenszeichen der Band, die bis auf die öfter mal vakante Stelle am Bass auch personell eine Konstante sind. “Wonder Days” heißt das gute Stück, aber ist es auch ein Wunderwerk?
Klug, wie die Briten sind, haben sie mit dem Titelstück den besten Track der CD ganz nach vorne gestellt und können den Hörer so schon ziemlich fesseln. Bowes leidenschaftlicher Trip in die Vergangenheit, in die Zeit, in der er die Gitarre entdeckte, um die Mädels zu beeindrucken, ist ein wundervoller Retrozug, der alle Trademarks der Band in den Wagons beherbergt: beeindruckende Gesangslinien, perfekte Rhythmusarbeit, mitreißende Solospots. Hier schwingt auch eine Menge Led Zeppelin im Groove mit. Ein solch starker Song birgt aber auch Gefahren an dieser ersten Stelle. Und auch Thunder erreichen diesen Track im Laufe der gesamten Spielzeit qualitativ nicht mehr, sammeln aber fleißig Pluspunkte für die Monsterballade “Broken”, die beweist, dass nicht jeder Schmalz ungenießbar sein muss. Folkige Elemente (“The Rain”), gar Maideneskes Galoppieren im spannenden “The Prophet” oder wieder einmal Led Zeppelin in “Chasing Shadows” zeigen die Band in Bestform. Dazu kommt mit “When the music played” ein episches Werk, das in seiner Vielschichtigkeit in Thunders Karriere ein Ebenbild schwerlich findet.
Warum gebe ich nicht die Bestnote? Der Grund sind einige Füller: “Resurrection Day” klingt nach den schlimmen Verbrechen eines Bryan Adams nachdem dieser den Rock ‘n’ Roll verraten hat (so nach “Reckless” etwa), “Serpentine” ist ein belangloser Blueser und “I love the weekend” ein frustrierender Chuck Berry-Spaß-Song, der die CD nicht stimmig beschließt.
Fazit: Starkes Comeback mit einigen (wenigen) Längen
Master Chief, Junge für alles, Fotograbenkämpfer und Textakrobat. Herausgeber und Erfinder.