Am Pool sitzen und trinken: Richie Kotzen im Gespräch

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Vor einem Interview ist man als Fragesteller immer unsicher, ob die Fragen denn gut genug bzw. interessant genug sind, ob man höflich, aber nicht unkritisch genug ist. Meist bekommt man gerade dann unbefriedigende und lustlose Antworten, wenn man als Interviewer selber recht zufrieden mit der Auswahl der Fragen ist. Im Falle von Richie Kotzen war das so. Ungefähr in der Mitte des Interviews schien ihn plötzlich die Unlust zu packen.

Richie, erst einmal Glückwunsch zu deinem Debüt mit „Forty Deuce“. Es ist eine der Überraschungen des Hardrocksommers. Handelt es sich hier um eine „echte“ Band oder ist es lediglich eine Art Projekt? Von deinen Mitmusikern hat man schließlich bislang nicht wirklich etwas gehört.


„Es ist eine neue Band und, das ist der Grund, warum die meisten Leute nichts von den anderen Typen gehört haben. Lustig, wie so etwas funktioniert, oder? Ari, Taka und ich haben die Scheibe zusammen geschrieben und fingen an in L.A. vor etwa einem Jahr einzelne Shows zu spielen. Frontiers (die Plattenfirma – red) war von der Musik so angetan, dass sie sie schließlich veröffentlicht hat.

Auf „Nothing to lose“ scheinst du zurück zu gehen zu den Tagen deiner ersten Solo-Rockalben wie „Mother heads family reunion“. Wolltest du von vorne herein eine solche Platte machen oder wie entstand der Sound der CD?


„Das kam ganz natürlich, meist aus der Tatsache, dass wir alle zusammen geschrieben haben. Taka hat tolle Ideen was Melodien und Gitarrenriffs angeht. Die meisten Songs entstanden also aus einer Melodie oder einem Riff heraus. Als es dann einmal lief, haben Ari und ich damit begonnen, Textideen ‘rauszuwerfen’ und in ein paar Stunden waren schon einige Songs fertig. Es war ein einfacher Prozess mit diesen Jungs zu schreiben.“

„Du bist musikalisch sehr aufgeschlossen. Nicht viele der sogenannten Gitarrenhelden nehmen CDs wie deine jazzrockige „The innergalactic fusion experience“ oder die souligen Longplayer der vergangenen Jahre auf. Wenn du eine neue CD planst, wann entscheidest du, in welche Richtung du dieses Mal gehen willst. Ein Song wie der Opener der neuen CD, „Oh, my God“, hätte sicher nicht auf eine Platte wie „Tilt“ (Jazzrock) gepasst, oder?


„Ok, ‘Nothing to lose’ ist die neue CD, deshalb glaube ich, dass sich diese Frage selbst beantwortet. (? finde ich nicht – red)“

Warum glaubst du, dass so viele geniale Gitarristen wie du oder Paul Gilbert (Ex-Mr. Big) in Japan eine riesige Fanbase haben, während diese in Europa deutlich kleiner ist? Sind Japaner etwa die besseren Musikkritiker?


„Klar, Japaner haben den viel besseren Geschmack! Nein, ich mache nur Spaß. Ich denke, in einer Band wie Mr. Big zu sein hat eine Menge damit zu tun. Mr. Big war eine der erfolgreichsten amerikanischen Rockbands in Japan, während es in Europa anders war. Da war die Band nicht so groß. Zudem ging ich bereits 1994 auf eigene Faust für Promotionzwecke nach Japan und habe mir da eine eigene große Fangemeinde aufgebaut, lange bevor ich zu Mr. Big stieß.“

„Werden wir die Chance haben dich mit deiner neuen Band in Deutschland zusehen? Kennst du Deutschland und was ist dein Eindruck vom Land?


„Ich würde rüberkommen, aber da es sich um eine neue Band handelt, die niemand kennt, müssen wir erst unser Profil herausarbeiten und die Menschen mit unserer Musik vertraut machen. Ich glaube, das würde einen großen Unterschied machen. Deutschland rockt!“

Denkst du, dass traditionelle Rockfans dein Album genießen werden. Da gibt es beispielsweise ungewöhnliche Dinge, wie die Taktart in „Heaven“, (hier hat der Interviewer übrigens Richies eigene Aussage aus einem PR-Text aufgenommen, in dem er sagt „Heaven’ sei ein sehr einzigartiger Song. Es gebe nicht viele Rocksongs in dieser Taktart) die Metalheads durcheinander bringen könnten.


„Ja, ich weiß, dass Metalheads leicht durcheinander gebracht werden können. Machst du Spaß? Wenn ein 6/8-Takt jemanden durcheinanderbringt, sollte er vielleicht seine Zeit damit verbringen zu lernen wie man 1,2,3,4,5,6 … 1,2,3,4,5,6 zählt. Es ist nicht so schwer. Ich glaube, ‘System of a down’ ist eine deutlich komplexere Band. Unser Zeugs ist sehr gradlinig.“

Du hast bei Poison gespielt, später bei Mr. Big Paul Gilbert ersetzt. Beide Bands waren kurz danach tot und begraben, War es schwer die beiden Leadgitarristen zu ersetzen, da beide große Sympathien bei den Fans hatten?


„Tot und begraben? Wow. Nein, es war leicht. Und da beide Bands – wie du sagst – tot und begraben sind, wen interessiert’s?“

Genau, lass uns lieber über Gitarren reden. Auf „Electric joy“ haben wir dich mit einer Tele-style Ibanez gesehen, später hast du Starfield-Gitarren gespielt, danach einen Haufen Fender-Gitarren. Du klebtest nie so an einer Gitarre wie Paul Gilbert oder Steve Vai. Wie suchst du eine Gitarre aus und was muss sie haben, um deinem Stil zu entsprechen?


„Ibanez und Starfield waren ja die gleiche Firma, Ibanez versuchte damit eine eher Fenderähnliche Serie aufzubauen. Auf ‘Electric Joy’habe ich aber auch schon Fender gespielt. Auf dieser Platte habe ich drei Gitarren benutzt, meine Ibanez ‘Horror’-Gitarre, eine Strat und eine Tele. Seitdem spiele ich eigentlich meistens Fender. Da gibt es sogar ein Telecaster-Signature-Modell, das 1996 in Japan eingeführt wurde.“

Und wie sieht es mit Fußpedalen, Stompboxen und Amps aus? Welches Setup spielst du live?


„Ich benutze einen Verstärker namens CORNFORD. Es ist eine englische Firma, die diese Verstärker baut. Auch davon gibt es ein Richie Kotzen-Modell.“

Magst du digitale Ampsimulationen wie das POD XT beispielsweise?


Nein, ich habe noch nie über einen digitalen Amp gespielt, den ich mochte. Es ist so, dass der CORNFORD komplett in Handarbeit hergestellt wird. Es gibt da eine bestimmte Resonanz bei Röhrenamps, die du einfach nicht bekommst mit digitalen Simulationen. Klar, das Zeug klingt gut, wenn du im Schlafzimmer, einem Studio oder in kleinen Clubs spielst, aber in größeren Situationen sieht es ganz anders aus. Ich kann mich an meine erste Zeit bei Mr. Big erinnern. Ich benutzte einen digitalen Yamaha-Amp mit einer Marshall-Endstufe. Allein klang das gut, aber ich habe ihn einfach nicht laut genug bekommen. Er setze sich nicht durch, als die Band mitspielte. Dann habe ich einen dieser Marshall Plexi-Reissue-Heads mitgebracht und es war, als würde Gott den Raum betreten – eine völlig andere Welt. Ich benutze keine digitalen Amps, werde es nie tun.

Welche Art von Musik berührt dich im Moment. Magst du Kings X? Ich finde manchmal klingt „Nothing to lose“ nach Kings X.


„Ich mochte Kings X zu ihren ‘Gretchen goes to Nebraska’-Zeiten, aber kurz danach verlor ich ein wenig den Bezug zu dem, was sie dann aufnahmen. Die Stimme des Sängers mochte ich sehr. Heutzutage finde ich gut, was die „White stripes“ machen.“

Und zum Schluss die immer wieder junge Frage an einen Amerikaner nach der Politik von George W. Bush. Was hälst du davon?

„Warum ist das wichtig für euch Europäer, was ich über Politik denke. Die meiste Zeit sitze ich am Pool und spendiere mir Drinks mit meinen Freunden, wen also interessiert meine politische Meinung?“

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